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Dietrich Bonhoeffer in der Evangelischen Kirche am La Plata
Wirkungen seines Zeugnisses und seiner Theologie

Evangelische Kirche am La Plata (Iglesia Evangélica del Río de La Plata – IERP) ist der programmatische
Name, den sich die Deutsche Ev. La Plata-Synode 1965 gab, um nach ihrer 1956 vollzogenen Loslösung von
der EKD (sie war ihr 1934 angeschlossen worden) eine unabhängige Kirche in den drei La Plata-Ländern
Argentinien, Paraguay und Uruguay zu werden. Dadurch wollten die Synodalen ihre Vision einer in
reformatorischer Perspektive ökumenisch offenen, der Lebenswirklichkeit der Menschen der La Plata-Länder
verpflichteten Kirche zum Ausdruck bringen. Das Werk sollte weitergeführt werden – aber unter anderer
Akzentsetzung: Das Deutsche durfte keine ablehnende Auswirkung auf Menschen anderer ethnischer,
geschichtlicher oder religiöser Herkunft haben. Man wollte mit der Botschaft des Evangeliums in Wort und
Tat auch die „latein-amerikanischen“ Menschen erreichen...


Um dieses Ziel, die aus dem Bewusstsein der Verwurzelung der Kirche in der Region entsprang und die
zugleich den Leitlinien der EKD für die deutsch. ev. Synoden in Übersee nach 1945 entsprach, galt es etliche
Aufgaben in Angriff zu nehmen. Dazu gehörte die Heranbildung eines qualifizierten Pfarrerstandes (bis dahin
kamen Pastoren aus Deutschland). Zunächst durch die Gründung der Luth. Theol. Fakultät FLUT (1954)
und dann des ISEDET (1969) begann man, dieses zu realisieren. So konnte das Programm nicht nur von
einer Gruppe von Pastoren mitgetragen werden, die z.T. von der theologischen Renovation in Deutschland
geprägt wurden, sondern zunehmend auch von den ersten bodenständigen Theologen. So wichtig die ersten
Schritte zu bewerten sind, die die Gemeinden der IERP auf dem Weg ihrer latein-amerikanischen
Kirchwerdung damals gemeinsam taten, so auffällig ist aus der heutigen Perspektive der gleichzeitige
Mangel an selbstkritischer Besinnung auf die eigene jüngste Vergangenheit während der Nazizeit.




Während den letzten 20 Jahren, in denen die Demokratie wieder eingeführt wurde, gewann
Bonhoeffers Denken zunehmend an Bedeutung. Viele die sich angesichts der Zunahme der Armut und
der Ausgrenzung, der Verstärkung des Abbauprozesses der nationalen Produktionsapparate und des akuten
Qualitätsverlustes der Institutionen des Staates am deutlichsten dazu berufen wussten, Zeugnis von Gottes
Liebe und Gerechtigkeit abzulegen, erhielten vom ihm entscheidende Impulse. Sie prägten wesentlich ihr
gemeinsames Denken und Handeln und halfen der Kirche, ein verstärktes Bewusstsein ihrer diakonischmissionarischen
Verantwortung wahrzunehmen gegenüber Menschen, die unter den Konsequenzen
verschiedener Formen der Menschenrechtsverletzungen litten und zu den Ärmsten und Verwundbarsten der
Gesellschaft zählten. Dabei standen zunächst eindeutig die theol. Grundeinsichten der "Nachfolge" im
Vordergrund. Ihre Christologie, in der die inkarnatorischen und kreuzestheologischen Momente
vorherrschend waren, wurde im bewussten Dialog mit den konkreten Erfahrungen dieser Gemeinden
gelesen, wobei der Versuch gemacht wurde, die entsprechenden ekklesiologischen Konsequenzen zu
ziehen. So lernte man allmählich, die Mission der Kirche biblischer zu begreifen: als Gemeinde Christi nicht
nur "für andere", sondern auch und ganz konkret "zusammen mit den Armen" – vor allem dort, wo man
lebte, arbeitete, lernte und den Glauben mit ihnen feierte. Diese Perspektiven wurden durch wichtige
Gedanken aus der "Ethik" (aus dem berühmten Kapitels "Die letzten und die vorletzten Dinge") vertieft und
ergänzt. Aber die "Nachfolge" lieferte außerdem das grundlegende theol. Paradigma, das auf jenen
Aussagen Bonhoeffers basiert, die den entscheidenden Zusammenhang betonen: "
Nur der Glaubende ist gehorsam, und nur der Gehorsame glaubt"
Es signalisierte für die daran beteiligten Personen und Gruppen nicht nur die unumgänglich praxisbezogene
Hermeneutik, die von der Gemeinde Christi gefordert wird, sondern zugleich den Weg und die wesentlichen
Konturen ihrer Spiritualität, wenn sie dem Evangelium gemäß sein will.

Pastor Dr. Daniel C. Beros, ehemaliger Promotionsstipendiat der EKD aus der Ev. Kirche am La Plata (IERP),
ist Dozent an der Evangelischen Hochschule für Theologische Studien in Buenos Aires/Argentinien (ISEDET).





 
             

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